Kontinuierliche Verbesserung als Managementtechnik
4.4.1 Grundlegende Prinzipien des TQM
Möchte ein Unternehmen ein umfassendes TQM-Konzept mit gesamtunternehmerischer Tragweite einsetzten, geht dieses in der Regel in einem Top-Down-Ansatz vom obersten Management aus. Dieses legt wichtige Prinzipien fest, nach denen alle Bereiche auf die Erfüllung der Qualitätsanforderungen seitens der Kunden abgestimmt werden müssen. Betroffen sind dabei insbesondere die Produkt- und die Prozessqualität, aber auch die Qualität der Planung, Entwicklung und Nachkontrolle, der internen und externen Kommunikation, sowie die Qualität der gesamten Betriebsorganisation (Schnittstellen, Kooperationen, Personalentwicklung et cetera). Entscheidend ist auch – so die Überzeugung Demings – die Qualität der Unternehmensführung: „Qualität muss ganz oben beginnen. Sie kann nie besser sein als das, was das Top-Management unter Qualität versteht“ (Deming, 2004). Sie muss vorgelebt werden und damit in alle Bereiche gespiegelt und als Referenz herangezogen werden können. Dies kann bei den Mitarbeitern nur dann auf fruchtbaren Boden fallen, wenn die Unternehmenskultur jedem einzelnen Mitarbeiter mehr Vertrauen als Misstrauen entgegenbringt.
Gute Voraussetzungen für ein solches Umfeld findet man in
lernenden Organisationen, in denen der Mensch im Mittelpunkt steht
und sich weniger einer Zweck-Gemeinschaft als vielmehr einer
Sinn-Gemeinschaft zugehörig fühlt85.
Man vergleiche dazu auch die Kapitel 2.2.6 und 2.2.7. Viele
Wissenschaftler gehen sogar davon aus, dass eine Vertrauenskultur der
entscheidende Nährboden für den Erfolg eines umfassenden
Qualitätsmanagements ist. Um möglichst viele Mitarbeiter
nicht in die Lage zu versetzen, dass sie sich gedanklich vom
Unternehmen distanzieren und innerlich kündigen, sollen gerade
Führungskräfte folgende Ratschläge beherzigen:
„Schaffe Bedingungen, unter denen Menschen Spaß an ihrer
Arbeit, Freude an der Leistung und Anerkennung für ihre Leistung
finden. Gestalte die Bedingungen so, dass alle Mitarbeiter ihre
Kreativität frei entfalten können. Beseitige alle
Hindernisse und Schranken, die dies unmöglich machen; beseitige
alle Strukturen, die Ängste erzeugen können“ (Malorny
& Kristian, 1994, S. 60).
Tabelle 8 – Demings 14 Grundsätze für das Management
86
1 | Konstantes, fest verankertes Unternehmensziel mit Blick auf eine ständige Verbesserung der Wertschöpfung. |
2 | Neuen Denkansatz aufnehmen und in den Wandel integrieren. |
3 | Auf nachträgliches Prüfen zugunsten einer vorbeugenden Prozessplanung verzichten. |
4 | Einkauf auf wenige, aber langfristige Lieferantenbeziehungen konzentrieren, die mehr auf Qualität als auf niedrigste Preise ausgelegt sind. |
5 | Ständige Prozessverbesserung in allen Bereichen und Varianzminimierung mit statistischen Mitteln durchführen. |
6 | Moderne Aus- und Weiterbildungskonzepte direkt am Arbeitsplatz etablieren, die ein umfassendes Verständnis über den jeweiligen Bereich hinaus ermöglichen. |
7 | Institutionelle Führerschaft für die Mitarbeiter entwickeln mit dem Ziel, ihnen zu helfen, ihre Arbeit immer besser zu machen. |
8 | Angst beseitigen, um damit ein engagiertes Arbeiten der Mitarbeiter zu fördern. |
9 | Schranken zwischen den Bereichen beseitigen, damit die Mitarbeiter in übergreifenden Teams Probleme und Potentiale vorhersehen und angehen können. |
10 | Slogans und Ermahnungen durch ein offenes System ersetzen, das Probleme von Grund auf beheben kann. |
11 | Leistungsvorgaben sind immer falsch, daher sollten sie durch echte Führung ersetzt wer-den. |
12 | Stolz auf gute Arbeit zulassen. |
13 | Durchgreifende Ausbildungsprogramme schaffen und Mitarbeiter dazu ermuntern, sich selbst zu vervollkommnen. |
14 | Verpflichtung der Mitarbeiter forcieren, den Weg zur Veränderung mitzugehen und zu vollenden. |
In einem TQM-System kann es daher meist nicht ausreichen, die Führungskräfte in einer abstrakten Selbstverpflichtung zur Einhaltung solcher Aspekte zu bewegen. Vielmehr müssen solche Prinzipien systematisch als Managementtechnik aufgefasst werden und wie ein roter Faden alle Bereiche durchziehen. Es wird hier bewusst von einer Technik und keiner Vorschrift gesprochen, denn gerade auch Führungskräfte müssen vom Topmanagement einen enormen Vertrauensvorschuss für ihre tägliche Arbeit erhalten, um wahrhaft führen zu können. Gleichzeitig sollten immer wiederkehrende Standards deutlich hervortreten und den Sinn dieser Techniken offenlegen und nachvollziehbar machen.
Auf Basis solcher Erkenntnisse formuliert Deming „14 Verhaltenspunkte für das Management …, die als Basis für das ‚Führen mit Qualität‘ angesehen werden können“ (Malorny & Kristian, 1994, S. 61) und in Tabelle 8 skizziert sind.
Bei genauer Betrachtung eignen sich viele der oben erwähnten Methoden und Tools zur Umsetzung einiger dieser Grundsätze in die Praxis. So könnten beispielsweise Six Sigma (vgl. Kapitel 3.3) oder FMEA (vgl. Kapitel 3.4) zur Erfüllung des dritten beziehungsweise fünften Prinzips herangezogen werden. Ebenso findet man beim Lean Management (vgl. Kapitel 4.1) oder im Toyota Produktionssystem (vgl. Kapitel 4.2) Realisierungen einiger Aspekte. Nur durch ein integrierendes System, das mehrere Vorgehensweisen zusammenführt, wird dann in der Konsequenz die Deming‘sche Kettenreaktion (vgl. Abbildung 23 in Kapitel 4.3.2) ausgelöst.
Fussnoten:
85
„Sinn-Gemeinschaften sollen etwa 15 bis 20 Prozent niedrigere
Kosten als Zweck-Gemeinschaften aufweisen“ (Malorny &
Kristian, 1994, S. 60).
86
in Anlehnung an (Malorny & Kristian, 1994, S. 62).
» Inhalt » zurück » vor » Quellen
Dieser Text ist urheberrechtlich geschützt. Gemäß dem Urheberrechtsgesetz (§51 UrhG) kann aber gerne aus diesem Text - mit Quellenangabe und Verweis auf den Autor - zitiert werden. Als Quelle bitte angeben: http://www.robert-bauer.eu/kvp.php
Der Text wurde in Zusammenarbeit mit der KARER CONSULTING erstellt. Falls nichts anderes angegeben, liegen daher die Bildrechte der Grafiken und Abbildungen bei der KARER CONSULTING sowie beim Autor. Sie dienen ausschließlich dem besseren Verständnis des hier veröffentlichten Textes und dürfen nur nach schriftlicher Zustimmung für andere Zwecke (insbesondere Veröffentlichungen und Verwendung in Präsentationen oder Konzepten) verwendet werden.
In diesem Dokument wird an einigen Stellen die Bezeichnung „ViT: Verbesserungen im Team” verwendet. Dies ist ein für die KARER CONSULTING geschütztes Markenzeichen.